Politik 2011 – Arabischer Frühling, Fukushima, Tod Osama bin Ladens

Die Welt schaute auf die Revolution in Ägypten, wo sich seit dem Dezember des Vorjahres zahlreiche Proteste gegen ein autoritäres Regime richteten. Die Revolution in Tunesien, bei der am 14. Januar Präsident Ben Ali (*1936) zurückgetreten und nach Saudi-Arabien geflohen war, hatte eine wesentliche Vorreiterrolle gehabt, der nicht nur in Nordafrika, sondern auch im Nahen Osten (Maschrek/Arabische Halbinsel) die Menschen folgten. Sie waren aufgerüttelt worden, um gegen die politischen und sozialen Strukturen auf die Straße zu gehen. In Ägypten war Staatspräsident MUHAMMAD HUSNI MUBARAK (*1928) am 11. Februar zum Rücktritt gezwungen worden. Im März fand dann ein Verfassungsreferendum statt, bei dem sich 77,2 Prozent aller Wähler für die neue Verfassung ausgesprochen hatten. Noch im selben Monat traten die Änderungen in Kraft. Für Mubarak war kurz nach dessen Rücktritt ein Ausreiseverbot erlassen worden. Sein Vermögen wurde im Lande eingefroren. Seine Herrschaft hatte von 1981 an das Land in die Knie gezwungen. Sein Regime war von Korruption und Amtsmissbrauch gekennzeichnet gewesen.
Der Arabische Frühling war nicht nur Ägypten ausgebrochen, der gesamte Norden Afrikas hinterfragte seine Regierungsstrukturen. Die Elfenbeinküste hatte eine schwere Regierungskrise durchzustehen, bei der es unter anderem zu gewalttätigen Übergriffen an der Zivilbevölkerung gekommen war und auch die Unabhängigkeitsbemühungen im Südsudan sorgten für Schlagzeilen in der Welt. Der Südsudan wurde vom islamisch geprägten Norden unabhängig, im Juli wurde er in die UNO aufgenommen und die Afrikanische Union nahm ihn im selben Monat als Mitglied auf.
Während sich Ägypten noch mit den Folgen der Aufstände und der neuen Verfassung auseinandersetzte, traf sich die „Gruppe der Acht“ im Mai zum G8-Gipfel im nordfranzösischen Deauville. Auch dabei waren der Arabische Frühling und dessen Unterstützung eines der Hauptthemen. Ein weiteres wichtiges Thema war die Atomkatastrophe von Fukushima (11. März 2011), die weltweit zu einem Umdenken in Sachen Atomkraft geführt hatte. Auch Deutschland stand in dieser Hinsicht vor einer bedeutenden Wende.
Brasilien bekam zum ersten Mal ein weibliches Staatsoberhaupt. Frau Dilma Rousseff (*1947) wurde Präsidentin des Landes und hatte am 1. Januar 2011 ihr Amt angetreten.



Bürgerkrieg in Lybien

In Libyen hatte sich der Bürgerkrieg ausgeweitet, hatte schlimme Ausmaße angenommen. Mehr als 30.000 Menschen kamen bei in diesen blutigen Auseinandersetzungen ums Leben. Der Konflikt wurde zu einer militärischen Kontroverse, bei der im Februar 2011 von den Aufständischen ein Nationaler Kontrollrat gegründet worden war. Zunächst übernahm der im Osten von Libyen die Herrschaft, seit dem 16. September vertrat er Libyen offiziell. Das ehemalige Staatsoberhaupt MUAMMAR AL-GADDAFI (1942-2011) war von Interpol zur Fahndung ausgeschrieben worden. Rebellen nahmen ihn am 20. Oktober gefangen und gingen sehr ungnädig mit ihm um. Er wurde schwer misshandelt und schließlich geriet er auf dem Weg ins Krankenhaus ins Kreuzfeuer von Kämpfen zwischen Anhängern und Gegner des neuen Libyen. Gaddafi starb an den Folgen eines Kopfschusses. So jedenfalls lauteten die inoffiziellen Angaben. Offiziell starb er aus ungeklärter Ursache.
Und noch ein Todesfall rüttelte die Weltöffentlichkeit auf – OSAMA BIN LADEN. Der war von US-amerikanischen Spezialeinheiten auf seinem Anwesen aufgespürt worden. Dort wurde er im Rahmen der Operation „Neptune’s Spear“ am 2. Mai 2011 in Abbottabad (Pakistan) getötet.
Diese Hinrichtung brachte die Beziehungen zwischen den USA und Pakistan ziemlich ins Wanken. Pakistan hatte den Vorgang verurteilt. Rückendeckung bekam das Land von der Volksrepublik China, die einen Angriff im November durch die NATO-Luftstreitkräfte auf den pakistanischen Stützpunkt Salala nahe der afghanischen Grenze verurteilten. Die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Pakistan spitzten sich damit weiter zu.
In der Türkei hatte im Juni die Wahl zur 24. Großen Nationalversammlung, die von der regierenden islamisch-konservativen Partei (Adalet ve Kalkinma Partisi – AKP) gewonnen wurde, zum dritten Mal hintereinander das Kabinett Erdogan III gestellt. Die Zensurmaßnahmen der Regierung, zu denen u. a. ein Mediengesetz gehörte, ließen es landesweit „knistern“ und lösten erste heftige Proteste im In- und Ausland aus.
Europa wurde zudem vom zentralen Thema der Eurokrise beherrscht, die ein Euro-Plus-Pakt als Eurorettungsschirm auffangen sollte. Seitens Großbritanniens wurde die Diskussion um den Verbleib in der EU laut.
Deutschland musste sich mit einer neuen Beweislage in der NSU-Mordserie auseinandersetzen. Außerdem wurde die Wehrpflicht im März ausgesetzt und die Plagiats-Affäre um die Doktorarbeit der Bundesverteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg erregte ebenfalls die Gemüter. Ihm wurde der Doktortitel aberkannt und im März trat der Verteidigungsminister Guttenberg folgerichtig von seinen bundespolitischen Ämtern zurück.
Griechenland steckte in einer schweren Finanzkrise, Italiens Staatsoberhaupt Silvio Berluscon trat zurück und die Niederlande wurden von einem Amoklauf erschüttert. Noch schlimmer hatte es Norwegen getroffen, wo am 22. Juni ein Attentäter eine Autobombe im Regierungsviertel zur Explosion gebracht hatte und später ein Zeltlager der sozialdemokratischen Jugend angriff mehr als 70 Menschen tötete. Der Tathintergrund war im rechtsextremistischen Milieu angesiedelt gewesen. Dagegen war die Butterkrise, die die Preise in die Höhe trieb, fast eine Nebensache.
Zum Jahresende, vom 28. November bis zum 11. Dezember fand die 17. Konferenz der Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention in Südafrika statt.
Die Welt war voller Brennpunkte und die Auseinandersetzungen auf politischer Ebene wurden immer heftiger.

Werbung